So geht Natur- und Artenschutz: Gespräche auf Augenhöhe

Liesa Schnee von der Uni Göttingen, Lisa Diehl von der Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz und Landwirt Jürgen Maurer sind auf den Flächen des F.R.A.N.Z. Demonstrationsbetriebes in Hohenlohe unterwegs. Im Rahmen des Projektes werden hier praxistaugliche und wirtschaftlich tragfähige Maßnahmen für mehr Biodiversität in der Agrarlandschaft entwickelt und erprobt.

Das Wichtige am Projekt F.R.A.N.Z ist das Miteinander zwischen den Landwirten und der Wissenschaft, da sind sich die drei Projektbeteiligten auf dem Feld mit Blühstreifen von Jürgen Maurer mitten in der Hohenlohe einig. „Wir lernen viel von den Landwirten und ich hoffe, die Landwirte lernen auch von uns“, freuen sich Liesa Schnee als Koordinatorin der Maßnahmen und Lisa Diehl als Betriebsberaterin. Natürlich freuen sie sich auch über jede Riesenspinne im schulterhohen Gras.

Für Ressourcen, Agrarwirtschaft und Naturschutz mit Zukunft. An der UNI Göttingen koordiniert Liesa Schnee seit 2020 die Maßnahmenumsetzung zu F.R.A.N.Z., welches vom Deutschen Bauernverband und der ‚Umweltstiftung Michael Otto‘ verantwortet wird. Unter wissenschaftlicher Begleitung und mithilfe von ressortübergreifenden Förderern werden hier in konventionell arbeitenden Betrieben Maßnahmen erprobt, um sie später in ganz Deutschland anwenden zu können. Liesa Schnee weiß, dass F.R.A.N.Z. für die Arbeitsgruppe ein besonderes Projekt ist, weil so viele Teilnehmer dabei sind. Mitten in der zweiten Projektphase geht es gerade darum, alle Ideen und Überlegungen der ersten zwei Projektjahre zusammenzufassen, um mit den politischen Entscheidern über praxisnahe Umsetzungen ins Gespräch zu kommen. Das heißt: Zur konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen für mehr Natur- und Artenschutz ‚in der Fläche‘ der heimischen Landwirtschaft. Denn ab 2023 soll das Projekt in die dritte Phase gehen können. „Dem gilt unsere ganze Konzentration und das macht F.R.A.N.Z. auch aus: Nicht Forschung, um der Forschung willen, sondern konkrete Beiträge für mehr Artenschutz und Biodiversität. Was passiert auf welcher Fläche und bei welcher Maßnahme? Was heißt das für zukünftige Planungen?“, interessiert Schnee, die seit 2017 dabei ist. Sie untersuchte schon für ihre Promotion, inwieweit zum Beispiel auch Schmetterlinge auf unseren Feldern davon profitieren. Von mehrfachen Besuchen auf den Blühflächen der Familie Maurer weiß sie: “So viele Tagfalter und Arten sieht man sonst selten in der ‚intensiv genutzten Landwirtschaft. Aber auch Vögel sitzen und fliegen um die Restvegetation“, freut sich die Maßnahmenkoordinatorin vom F.R.A.N.Z. – Projekt.

Zentrale Aufgabe: Betriebe bei der Umsetzung der Maßnahmen unterstützen.Um die Deutschlandweit am Projekt teilnehmenden 10 landwirtschaftlichen Betriebe optimal zu betreuen, diese und alle Partner mit der Forschung bestens zu vernetzen, sind im Projekt die Betriebsberater zuständig. Eine davon ist Lisa Diehl von der Stiftung Kulturlandschaft Reinland-Pfalz, die den Demonstrationsbetrieb in der Hohenlohe betreut. Sie führt den internen Austausch und alle Abstimmungen zusammen. Konkret heißt das unter anderem: Sie plant mit dem Betriebsleiter, welche Maßnahme auf welcher Fläche umgesetzt wird. Denn nicht alles macht Sinn, geht es doch um valide, also vergleichbare, Werte. „Jede Maßnahme muss auf drei verschiedenen Flächen eines Hofes umgesetzt werden, sonst ist sie nicht repräsentativ und damit für die Forschung nicht auswertbar. Innerhalb von Deutschland gibt es schon Unterschiede“, erklärt Diehl. „Super spannend finde ich, dass in diesem Projekt so viele verschiedene Akteure, insbesondere aus Landwirtschaft und Naturschutz, involviert sind und das es funktioniert“, erklärt Lisa Diehl. Weiter ist ihr wichtig: „Die Projektpartner reden auf Augenhöhe miteinander, bauen Vorurteile ab und ‚springen auch mal über den eigenen Schatten‘ für das gemeinsame Ziel“, ergänzt sie. Das war offensichtlich ein Lernprozess für alle Seiten: Zusammenarbeiten als Team, Erfolge sehen und Spaß am Projekt haben.

Es passiert viel in der konventionellen Landwirtschaft.Auch Betriebsleiter Jürgen Maurer war am Anfang skeptisch. Als konventionell arbeitender Landwirt und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes schätzt er inzwischen die Arbeit aller am Projekt Beteiligten, insbesondere der Betriebsbetreuerin Lisa Diel und der Koordinatorin Liesa Schnee sehr. Gemeinsam schauen sie regelmäßig in den Blühstreifen, das sind die Flächen an den Feldrändern, die manchmal ein bisschen verwildert aussehen, was sich zwischen den hohen Gräsern und Blumenmischungen bei Feßbach so tummelt. So klopfen sie ab, was an Maßnahmen auf seinem Hof Sinn macht. „Es war mein Anspruch, beim F.R.A.N.Z.-Projekt mitzumachen, um darzustellen, wieviel Artenvielfalt und Biodiversität konventionelle Betriebe eigentlich leisten können“, so der aufgeschlossene Landwirt Maurer.

Es darf auch mal wild aussehen! Einig sind sich die drei, dass weniger manchmal mehr ist. Mit einem Blick in die privaten Gärten und auf städtische Grünflächen wissen und empfehlen sie, dass weniger Pflege manchmal mehr ist. Das es überall gut ist, Flächen nicht ständig zu mähen, sondern es gern mal ‚wild‘ aussehen zu lassen – insbesondere über den Winter. Denn zum Beispiel die Larven überwintern in den Halmen und Stielen. Davon profitieren auf jeden Fall die Insekten – und damit unsere Vögel.

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